Ehrenamtliche wollen sich mit ihren persönlichen Fähigkeiten einbringen
137 örtliche Caritas-Konferenzen gibt es aktuell in der Erzdiözese Freiburg. Rund 3.000 Frauen und zunehmend auch Männer engagieren sich dort ehrenamtlich mit vielfältigen Angeboten in den Gemeinden und in Krankenhäusern. Zum 100-jährigen Jubiläum des CKD-Diözesanverbandes spricht der Vorsitzende Herbert Frick darüber, was dieses Engagement innerhalb der Caritas so besonders macht. Und er äußert den Wunsch, dass die Gemeinden in Zukunft ihren Auftrag zum caritativen Tun noch mehr wahrnehmen.
Wie geht es dem CKD-Diözesan verband im 100. Jahr seines Bestehens? Ist der Jubilar noch rüstig und "gut beieinander"?
Frick: Für die CKD muss man jung sein! Jung, nicht an Jahren, sondern im Herzen. Diese These hat Prälat Dr. Stefan Dybowski, ehemaliger Geistlicher Belgleiter des CKD-Bundesverbandes, im Elisabethbrief 2019 aufgestellt. Seine Aussage trifft für die CKD im Diözesanverband Freiburg voll und ganz zu. Ehrenamtliche werden - wie überall - häufig in ihrem Ehrenamt älter. Und trotzdem, sich den Nöten der Menschen unserer Zeit zu stellen hat mit einem wachen Herzen und viel Empathie zu tun. Zeitgemäße Antworten auf die Nöte und Sorgen der Menschen zu geben, das ist das Anliegen von mehreren Türöffner-Projekten wie zum Beispiel in Hardheim-Höpfingen im Madonnenland im Odenwald. Dort organisiert der CKD-Verein "Dienst am Nächsten" ganz aktuell Corona-Impftermine.
Wie werden Sie den runden Geburtstag denn feiern unter den Bedingungen der Corona-Pandemie?
Frick: Geplant ist natürlich ein großes Fest mit vielen Gästen: mit ehemaligen und derzeitigen Vorsitzenden von Caritas-Konferenzen, mit Marlies Busse, der Vorsitzenden aus dem CKD-Bundesverband und vielen weiteren Gästen. Gemeinsam mit Erzbischof Burger wollen wir in einem Festgottesdienst Danke sagen für die 100 Jahre, in denen sich Ehrenamtliche für ein gelingendes Miteinander in unseren Gemeinden eingesetzt und Zeugnis von der Liebe Gottes gegeben haben. Ja, das wäre der Traum, aber unter Corona-Bedingungen müssen wir immer neu sehen, was überhaupt möglich ist. Wir mussten den für März 2021 geplanten Termin verschieben, doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Dann feiern wir eben später oder gar im nächsten Jahr.
Die Caritas-Konferenzen bezeichnen sich selbst als das "Netzwerk von Ehrenamtlichen". Wie dicht geknüpft ist dieses Netz in der Erzdiözese Freiburg? Wie viele örtliche Caritas-Konferenzen gibt es? Und wie viele Frauen und Männer gehören bistumsweit dem Netzwerk an?
Frick: Im Verband gibt es aktuell 137 Caritas-Konferenzen und Krankenhaus-Hilfe-Gruppen, in denen sich circa 3.000 Frauen und zunehmend auch Männer mit vielfältigen Angeboten in den Gemeinden und in Krankenhäusern engagieren. Auch bei uns bleibt es nicht aus, dass sich altersbedingt Gruppen auflösen, aber wir können auch Neue gewinnen. Deutschlandweit sind die Diözesen nicht nur im Bundesverband vernetzt, sondern auch weltweit im Association Internationale des Charités (AIC) (http://www.aic-international.org). Gut vernetzt sind wir mit der Caritas, den Fachverbänden, der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Erwachsenenverbände (AKE) im Erzbistum Freiburg und besonders mit der Krankenhaus-Hilfe, dem "Forum älterwerden" und einigen Initiativen.
Was braucht es aus Ihrer Sicht, um heute Frauen und Männer für eine Mitarbeit zu gewinnen? Was macht ein Engagement bei den Caritas-Konferenzen attraktiv?
Frick: Den Menschen nah sein, das ist Anliegen und Herausforderung für Caritas-Konferenzen und Krankenhaus-Hilfe Gruppen. Heute wollen die Menschen konkret wissen, wofür und für wen sie sich engagieren können. Viele sind selbst berufstätig oder haben Kinder und Enkel, für die sie auch Zeit haben wollen. Zeit ist also knapp! Umso wichtiger ist es also, auch den klar umrissenen Zeitumfang, der eingebracht werden kann und soll, zu kennen. Außerdem wollen Ehrenamtliche nicht nur einfach etwas tun, sondern sie wollen ihre persönlichen Fähigkeiten einbringen. In unserem neusten Projekt, den "Türöffnern", ist genau das möglich. Kurz gesagt: Menschen in schwierigen Situationen dürfen ihre Bedürfnisse und Wünsche formulieren und die Türöffner versuchen diese zu erfüllen - sie unterstützen die Betroffenen. Das Besondere daran ist: Es entstehen ganz persönliche Beziehungen, die das Miteinander ermöglichen. Leider beschränkt die Corona-Pandemie gerade die soziale Nähe und das persönliche Miteinander. Das ist die neue Herausforderung. Die Türöffner im Odenwald geben gerade jetzt mit ihrer Impfaktion-Organisation eine passende Antwort.
Was macht das Besondere der Caritas-Konferenzen innerhalb der vielgestaltigen Caritaslandschaft aus?
Frick: "Ehrenamtliche, die im Netzwerk selbstorganisiert engagiert sind" - so lautet ein wichtiger Grundsatz des ehramtlichen Handelns der Caritas-Konferenzen. Vor Ort bedeutet das, dass die Gruppen sich ihre Aufgaben je nach den Erfordernissen selbst wählen. Die eine Gruppe macht Besuchs-dienste, eine andere bietet regelmäßig ein Marktcafé an oder eine andere organisiert und führt eigenverantwortlich einen Kleiderladen. Die Einsamkeit von osteuropäischen Pflegehelferinnen sehend, entstand am Bodensee ein zwischenzeitlich mehrfach ausgezeichnetes Begleitangebot. So könnte ich noch viele Beispiele nennen.
Stichwort Kirchenentwicklung 2030: Was bedeutet es für die Caritas Konferenzen, wenn die Pfarreien künftig viel größer sein werden?
Frick: Eine große Herausforderung! Caritas-Konferenzen machen Angebote für die Menschen vor Ort - gemäß dem Auftrag "Den Menschen nah". Daran wird sich nichts ändern. Sie sind und bleiben das persönliche Beziehungsangebot. Natürlich wird die Organisation des Dienstes sich verändern. Das Netzwerk im Kleinen wird größer werden. Eine CKD-Gruppe wird dann vielleicht aus mehreren kleineren Gruppen bestehen und in der ganzen Kirchengemeinde - vergleichbar mit den heutigen Dekanaten - aktiv sein. Die Türöffner-Idee ist eine unserer Antworten auf größer werdende Räume und Entfernungen.
Wie bringt sich der Diözesanverband in diesen pastoralen Umstrukturierungsprozess ein?
Frick: Da bin ich ehrlich gesagt unzufrieden. Ich würde mir mehr direkte Mitsprache wünschen. Ehrenamtliche in Gemeinden müssten mehr eingebunden sein - mitreden, Erfahrungen einbringen können. In den immer größer werdenden Einheiten ‚Pfarrei neu‘ wird die Beziehung, der Kontakt zum Einzelnen in der Gemeinde (nicht nur kirchliche, sondern auch politische) vor Ort immer wichtiger werden. Da können wir viel dazu beitragen: Begegnungsmöglichkeiten anbieten, die sozialen Verbindungen gestalten und unmittelbare Ansprechpartner für die Nöte der Menschen sein. Wir nehmen die neuen Herausforderungen im Prozess 2030 gerne an. Alle Veränderungen bergen neue Chancen, welche es zu nützen gilt. Im Übrigen haben wir im letzten Jahr unserem Erzbischof und den Verantwortlichem für den Prozess 2030 ein ausführliches Positionspapier zukommen lassen.
Welche Hoffnungen, Erwartungen, vielleicht auch Wünsche verbinden Sie mit dem 100-jährigen Jubiläum?
Frick: Wenn man Ideen, Visionen der vergangenen 100 Jahre lebendig halten will, dann darf man sie nicht bewahren wollen, sondern muss sie weiterentwickeln - mit Herzblut, Freude und Gottvertrauen. Da gilt der Spruch von Ricarda Huch: ‚Eine Tradition bewahren, bedeutet nicht Asche zu bewachen, sondern Feuer weiterzugeben.’ Das Jubiläum ist dabei ein Anlass und Zeitpunkt für konkrete Wünsche. Wir wünschen uns, dass die Gemeinden in Zukunft ihren Auftrag zum caritativen Tun noch mehr wahrnehmen. Ein wertschätzendes Miteinander, geprägt von der Wahrnehmung der Sorgen der Mitmenschen und passgenauen Hilfeangeboten, ist auch in Zukunft die Basis für gelingendes Leben in unserer Gesellschaft. Wir wünschen uns, dass die CKD bei der Erfüllung ihrer Aufgaben von Hauptberuflichen in den Seelsorgeeinheiten und in den Ortscaritasverbänden unterstützt wird und zwar immer da, wo es um die Gestaltung der Rahmenbedingungen geht. Das beginnt bei den Mitwirkungsmöglichkeiten in den Gemeindeteams, der kostenlosen Nutzung der Räume in den Pfarreien und der Technik oder der Unterstützung der Pfarrsekretariate, wenn es um die Umsetzung der Datenschutzbestimmungen im Interesse gerade der älteren Gemeindemitglieder geht, bis hin zu konkreten Angeboten der spirituellen Begleitung der Gruppen. Wir wünschen uns, dass die CKD als Fachverband und als Netzwerker für die Ehrenamtlichen im Diözesan-Caritasverband weiterhin gut eingebunden und finanziell angemessen ausgestattet ihre Unterstützung- und Begleitangebote für die Caritas-Konferenzen wahrnehmen kann.
Interview: Thomas Maier
Veröffentlicht: news/caritas-mitteilungen 1-2021
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