Im Vertrauen auf Gott
HiobBernhard Langner
Auf welchen Gott vertrauen wir, wenn wir Leid erleben?
Das Leid nimmt den Menschen in eine schmerzhafte Zange. In ohnmächtigem Schmerz sucht er nach einem Ausweg. Von einer solchen Situation erzählt uns die Bibel im Buch Hiob - von wenig hilfreichen Wegen und von sinnvollen Perspektiven. Beide Wege stehen auch uns heute noch zur Verfügung.
Hiob ist ein frommer Mann. In einer Flut von Katastrophen verliert er seine Kinder und seinen Besitz. Schließlich wird Hiob selbst von einem stinkenden Aussatz befallen. Um ihn herum sitzen schweigend seine drei Freunde.
Doch irgendwann kann man das Klagen des Leidenden nicht mehr anhören oder sein Leiden mit ansehen. Man versucht, das erlebte Leid zu erklären. So haben auch die Freunde des Hiob feste Vorstellungen, warum Hiob leiden muss.
Ihre erste Vorstellung ist, Hiob hat gegen Gott gesündigt. Dafür straft Gott ihn mit dem Leid. Die andere Vorstellung beruht darauf, dass das Leid eine von Gott geschickte Prüfung ist. Gott ist wie ein Trainer, der seinen Schützling bis zur Schmerzgrenze fordert. Deshalb zeigen sich gerade im Leid die Liebe und die Freundschaft Gottes.
Hiob spürt, dass er von seinen Freunden abgestempelt ist. Sie sprechen zwar großartig über Leid und Schmerz. Aber sie nehmen innerlich keinen Anteil. So Gott vorgestellt, führen sie dazu, dass Hiob mit Gott hadert.
Der zweite Teil des Buches bietet ein anderes Gottesbild an. Er beginnt mit dem Satz: "Und da sprach Gott zu Hiob". Im Text lautet der Name Gottes nicht mehr "El" oder "Schaddai" sondern "Jahwe". Nun spricht "Jahwe", der Gott, den die Israeliten bereits in Ägypten als Retter erfahren haben. Mit einem anderen Namen ist auch ein anderes Bild von Gott verbunden. Und von Hiob heißt es, er habe Jahwe erkannt. Erkennen bedeutet im biblischen Sprachgebrauch: Der Betreffende ist in seinem Innern ganz von einer anderen Person erfasst. Sie füllt ihn ganz aus. Der Glaube, von Jahwe, dem Gott, der für mich da ist, angenommen zu sein, ermöglicht es Hiob, sich in seinem Leid anzunehmen.
In den Heilungsberichten, die uns das Neue Testament erzählt,
erleben wir, wie Jesus dieses Wirken des Gottes Jahwe weiterführt. Wie weit die Solidarität Gottes mit den Leidenden geht, zeigt sich im Kreuzweg und Tode Jesu. Gott zaubert Leid nicht fort. Aber er gibt Kraft, Leid tragen zu können. Das durfte Jesus am Ölberg erfahren. Lukas berichtet vom Engel, der ihn stärkt. Jesus kann seinen Leidensweg zu Ende gehen, weil Gott mit ihm geht. Die Evangelisten legen dem sterbenden Jesus die Worte des Psalm 22 in den Mund. So zeigen sie: Trotz aller Verlassenheit hat Jesus bis zum Schluss auf Gott vertraut. Dass sein Vertrauen auf Gott berechtigt war, durfte Jesus in seiner Auferstehung erfahren.
Wie in der Heiligen Schrift, so wirkt Gott auch heute noch weiter durch die Menschen, die sich auf ihn einlassen. Zu diesen Menschen gehört ohne Zweifel auch die heilige Elisabeth. Sie hätte es sich einfach machen können. Als reiche adelige Frau hätte sie von ihren Einkünften den Armen großzügig ein Almosen zukommen lassen können. Elisabeth lebt jedoch als Arme unter Armen. Alle Nöte und Leiden teilt sie mit ihnen. Sie akzeptiert sie so, wie sie sind. Sie stülpt ihnen keine religiöse Begründung über. Sie ist in der Rolle Gottes, der einfach still mitgeht. Elisabeth ist ihren Weg gegangen, weil sie überzeugt war, dass Gott für sie da war.
Vielleicht hätte sie später einmal ihre Erfahrungen auch in der folgenden Geschichte erzählt:
Eines Nachts träumte ich, ich ginge mit dem lieben Gott am Fluss in Eisenach oder Marburg entlang. Am Himmel blitzten Szenen aus meinem Leben auf. Jedes Mal entdeckte ich Fußabdrücke in der Erde. Manchmal waren es zwei Paare, manchmal nur eines. Während der Zeiten in meinem Leben bei den Armen und Kranken sah ich ein Paar Fußabdrücke, deshalb sagte ich: "Herr, Du hast mir versprochen, mich stets zu begleiten. Wo warst Du, als ich Dich am notwendigsten brauchte? Wo darf ich Dich suchen und sehen?" Denn auch Heilige fragen sich nach dem Sinn ihres Tuns.
Der Herr erwiderte: "Liebe Elisabeth, dort, wo du nur ein Paar Fußabdrücke gesehen hast, habe ich dich getragen. War es in allem Leid, in aller Beschwernis und Ausweglosigkeit deshalb Dir nicht auch leicht, das zu tun, was Du getan hast, was Dir wichtig war in meiner Nachfolge zu tun?"
Pater Theo Aperdannier
Geistlicher Begleiter CKD-Diözesanverband Hildesheim