Mehr als Brot und Rosen
Sie setzt sich aus der irdisch-kosmischen Vierzahl - etwa die vier Elemente oder die vier Himmelsrichtungen - und der göttlichen Dreizahl (Gott Vater, Sohn und Heilige Geistkraft) zusammen. Wo beides dem Göttlichen Heilsplan entsprechend zusammenwirkt, ist Leben in Fülle (möglich).
So kommen wir auf eine erste Spur, die uns mit unserer Verbandsheiligen verbindet: Den irdischen Gegebenheiten ausgesetzt, lebt Elisabeth in einer ihr eigenen Beziehung zu Jesus, dem sie nicht nur in einer Vision, sondern gleichermaßen in den armen und der Hilfe bedürftigen Menschen ihrer Zeit begegnet. Über den Graben zwischen ihrem adligen Umfeld und der vom Hungerstod bedrohten Bevölkerung schlägt sie Brücken der Zuwendung. Brot und Rosen sind dafür Symbol geworden. Sie stehen für die leibliche Nahrung und die menschliche Würde, mit der Elisabeth und in ihrer Nachfolge Frauen und Männer bis heute die frohe christliche Botschaft leben und bezeugen.
Ich möchte im zweiten Schritt der Spur zweier Frauen folgen, die ebenfalls den Namen unserer Patronin tragen, nicht wissend, ob sie in einer besonderen Verbundenheit zu der Heiligen aus Thüringen standen.
Die Würde des Menschen als Frau und Mann
Martha Elisabeth Selbert (1896-1986), geb. Rohde, wuchs als zweitälteste von vier Schwestern in einer christlich orientierten Familie in Kassel auf. Für einen Bildungsweg am Gymnasium reichte das Geld nicht. Stets in ihrem politischen Interesse von ihrem künftigen Ehemann Adam gefördert, entfaltete sich ihr Gerechtigkeitsdenken. Im Selbststudium bereitete sich Selbert auf das Abitur vor und studierte bis zur Promotion als eine von wenigen Frauen Rechts- und Staatswissenschaften. Mutter zu sein von zwei Kindern vereinbarte sie mit ihrem Engagement für Frauenrechte. Als eine der vier "Mütter des Grundgesetzes" arbeitete sie 1948 im Parlamentarischen Rat an der Ausarbeitung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland mit. Auf ihr Beharren geht der Satz "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" (Artikel 3 GG) zurück.
In Martha Elisabeth Selbert begegnen wir einer Frau, die im gesellschaftlichen Umfeld ihrer Zeit zielgerichtet einen Weg bahnt für die konkrete Umsetzung der Würde der Frau.
Wir können uns fragen: In welcher Weise wirkt das Leben der Heiligen Elisabeth bei Martha Elisabeth Selbert weiter?
Und weiter: Was hat unser eigenes Tun vor Ort mit dem Einsatz für die Würde von Menschen, ob älterer Menschen, Frauen, Kinder, Geflüchteter o.a. zu tun?
"Was willst du, dass ich dir tun soll?" (Lukasevangelium, Kap. 18, Vers 41)
Elisabeth Kübler-Ross (1926-2004) studierte Medizin. Ihr Ansatz war ungewöhnlich. Nachdem sie mit ihrem Mann in die USA ausgewandert war, arbeitete sie dort eng mit der Klinikseelsorge zusammen. Berufskolleg*innen sahen ihren engen Kontakt zu sterbenden Patientinnen und Patienten meist kritisch. Sie verstand sich als "intuitive Psychiaterin", die den Wünschen der Sterbenden mehr Raum einräumte als die gängige Medizin. Ihr Engagement für Sterbende sah sie als ihre Berufung.
Wir können uns fragen: Worin ist Elisabeth Kübler-Ross dem Wirken der Heiligen Elisabeth nahe?
Und weiter: Wie sehr haben wir in unserem Engagement die Bedürfnisse der Menschen, denen wir uns zuwenden, im Blick? Wo sind wir mehr in unseren eigenen Vorstellungen der Hilfe verhaftet?
Mit dem Blick auf die genannten zwei Elisabeth-Namensträgerinnen sind wir am diesjährigen Elisabethtag eingeladen, uns in unserer eigenen Biografie auf Spurensuche zu machen: Was verbindet uns mit der Heiligen Elisabeth, die uns nicht anders als auf die Begegnung mit Jesus in der Bedürftigkeit unseres eigenen Lebens und der Menschen um uns verweisen möchte.
Dorothea Welle, Geistliche Begleiterin CKD-Diözesanverband Freiburg
Schriftbild: Eleonore Köble, CKD-Mannheim, e.koeble@t-online.de