Besuchsdienste – Gelebte Beziehung mit Tradition und Zukunft
Der Besuchsdienst ist das Markenzeichen der Caritas-Konferenzen. Die weitaus größte Zahl der Caritas-Konferenzen haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Menschen in ihrer Gemeinde zu besuchen - seien es Neuzugezogene oder junge Familien nach der Geburt eines Kindes oder ältere Menschen zum runden Geburtstag, im Krankheitsfall oder nach dem Tod des Ehepartners bzw. der Ehepartnerin. Anlässe gibt es viele.
Und immer steht das Anliegen im Mittelpunkt: Den Menschen nahe! Und diese Besuchsdienste gibt es schon seit es die CKD gibt. Ich kann mich erinnern, dass wir vor vielen Jahren bei einer Fortbildung für künftige CKD-Diözesanverantwortliche einen Blick in die Freiburger Geschichtsbücher der Elisabeth-Konferenzen aus den 40-er Jahren werfen durften. Die Anliegen und Aufgaben wiesen eine große Vergleichbarkeit auf. Auch damals besuchten zumeist Frauen die Menschen in ihrer Pfarrgemeinde, auch damals galt es Einsamkeit und Not zu begegnen. Elisabeth-Frauen suchten nach Wegen, den Menschen nahe zu sein. Die Not war damals oft schlichtweg materieller Natur, wenn z. B. die Marken nicht reichten, um die größer werdenden Kinder satt zu bekommen oder einzukleiden. Bei ihren Besuchen brachten die Elisabeth-Frauen im wahrsten Sinne des Wortes das tägliche Brot mit. Anders heute: Jetzt steht die zwischenmenschliche Begegnung im Vordergrund. Wird materielle Not erkennbar, dann gilt es im nächsten Schritt zu unterstützen und Hilfe zu vermitteln.
Was uns trägt
Was motovierte damals und was motiviert heute Besuchsdienstmitarbeiterinnen? Und es waren und sind in den meisten Fällen Frauen, die sich dieser Aufgabe widmen. Sie sehen es als ihre, zutiefst im christlichen Glauben verwurzelte, Verantwortung für den Nächsten an. Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst (Mk 12,31) - dieses Motto bildet die Grundlage und ist eng verknüpft mit der Aussage Jesu "Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25,34-46). Auch deshalb spielen die persönliche spirituelle Verortung, gemeinsame Besinnungs- oder Oasentage und die geistlichen Impulse zu Beginn eines Treffens eine wichtige Rolle für die gesamte CKD-Gruppe.
CKD-Frauen sind Teamer-Innen. Sie wissen sich getragen und eingebunden in ihre Besuchsdienstgruppe, in ihre Pfarrgemeinde. Und, sie tun ihren Dienst schon immer so - die Menschen, die in einer bestimmten Straße wohnen sind "ihre" Geburtstagskinder und "ihre" Familien.
Gutes Tun und darüber reden
Der Frage, ob man in der Pfarrgemeinde um ihren Dienst weiß, folgt oft ein Stauen - warum? Wir tun unseren Dienst! Die Internetseite der Pfarrgemeinde kann auch oft nicht weiterhelfen. Dort findet man den CKD-Besuchsdienst nicht. Wer aber heute nicht im Netz präsent ist, der existiert nicht - so sehen es zumindest jüngere Menschen. Für viele Besuchsdienstgruppen spielt das nur eine untergeordnete Rolle.
Ein Blick in die CKD-Besuchsdienste zeigt: Die Frauen werden miteinander immer älter. Viele unterscheiden sich altersmäßig nicht mehr von den Geburtstagskindern. Die jungen Familien gehören zur Enkelgeneration. Um dieser Entwicklung zu begegnen wurden die Erstbesuche zum Geburtstag nach hinten verschoben. Nicht schon zum 70., sondern erst zum 80. kommt die CKD-Frau. Die Begrüßungskarten werden in den Briefkasten geworfen. Die jungen Leute lassen sich von alten Damen schwerlich für die Gemeinde begeistern. Sie suchen andere altersentsprechende Zugänge.
Auch die Nachwuchsgewinnung wirft mehr Fragen als Antworten auf. Ich habe es bisher selten erlebt, dass mir eine Frau um die 40 - 50 sagte, "Meine Mutter war früher beim Besuchsdienst und jetzt mache ich das!" Jüngere Menschen haben andere Vorstellungen von ihrem Ehrenamt. Sie wollen sich mit ihren persönlichen Fähigkeiten einbringen und suchen Gestaltungsspielräume. Außerdem binden Berufstätigkeit und Verpflichtungen des Elternseins die Energien vieler Frauen und Männer. Sie beginnen erst später sich sozial-caritativ zu engagieren.
Wie geht es mit CKD-Besuchsdiensten weiter?
Ich wage zu sagen, dass wir in zehn Jahren nur noch sehr wenige klassische CKD-Besuchsdienstgruppen haben werden. Und noch eine Veränderung stelle ich fest: Ein Geburtstagsbesuch wird von "jüngeren Alten" nicht mehr unbedingt gewünscht. Auch mangelnde Mobilität ist oft nicht der Anlass sich zurückzuziehen, sondern vielmehr sich nach anderen Angeboten umzuschauen, die Begegnung und Teilhabe ermöglichen.
Die Motivation von vielen Frauen und Männern, sich für andere Menschen stark zu machen, sie zu unterstützen, ihnen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und am Leben in der Pfarrgemeinde zu ermöglichen, die ist da. Auch sie ist verwurzelt in unserem christlichen Glauben.
Zukunft neu gedacht
In den CKD haben sich zwischenzeitlich CKD-Gruppen auf den Weg gemacht und neue Ideen entwickelt, um das Anliegen "den Menschen nah" zu verwirklichen. Ich denke sofort an die Gewinner des Preises im Zeichen des Weinstocks 2017 "Degmarn bewegt!", eine Initiative in einer kleinen Gemeinde der Diözese Rottenburg Stuttgart. Degmarn (800 Einwohner) ging es wie so vielen kleinen Gemeinden. Die Infrastruktur brach weg, der Lebensmittelladen und die Grundschule wurden geschlossen, und auch in der Kirche und im Rathaus war kaum mehr jemand ansprechbar. Wo sollte Begegnung zwischen den Menschen stattfinden? Wo und wie sollten Menschen einander nahe sein? Was macht eine Gemeinde zukunftsfähig und zu einem Ort des Miteinanders? Eine Projektgruppe, zu der auch die CKD-Gruppe gehörte wurde aktiv, fragte nach Wünschen und Erwartungen sowie nach Mitwirkungsmöglichkeiten. Und dann veränderte sich etwas! Es entstand ein Begegnungscafé, den Jugendlichen wurden Räume zur Verfügung gestellt und über Möglichkeiten der Lebensmittelversorgung für wenig mobile Einwohner wurde beraten.
- Mehr Informationen: www.ckd-rs.de
Eine ganz andere Idee hat eine CKD-Gruppe aus der Diözese Osnabrück vor gut drei Jahren entwickelt: "Die Türöffner - begegnen - geleiten - besuchen. Neue Wege zum Miteinander". Hier begann eine Erfolgsgeschichte! Menschen mit ähnlichen Interessen zusammenzubringen - als Besuchte und Ehrenamtliche, darin besteht das Ziel. Das bedeutet auch, dass die persönlichen Wünsche und Bedürfnisse derjenigen, die unterstützt und begleitet werden, im Vordergrund stehen. Für sie sucht ein Orga-Team passende Ehrenamtliche -gleich dem Prinzip von Topf und Deckel. Ehrenamtliche bringen ihre Talente und Ideen ein und haben so einen großen Spielraum für ihr Ehrenamt. Wie intensiv die Begegnungen sich entwickeln, das bleibt dem Duo überlassen. Das schönste Beispiel: Zwei alte Herren werden zu Unternehmungspartnern. Der eine kann nicht mehr selbst Auto fahren und der andere hat keine Begleitung. Zusammen - sogar mit einem Dritten - sind sie unterwegs. Die Begegnung auf Augenhöhe steht im Mittelpunkt. Angebote machen, damit Menschen neue Kontakte knüpfen. Ganz unterschiedliche Menschen - Hochbetagte und ehrenamtlich Engagierte - können miteinander ganz unterschiedlich unterwegs sein. Einsamkeit findet häufig hinter geschlossenen Türen statt. Die Initiative will dazu beitragen, diese Türen zu öffnen. Und es funktioniert! Im Jahr 2018 gewann die Initiative den Marie-Simon-Pflegepreis und ist für den Deutschen Engagementpreis 2019 nominiert
- Mehr Informationen: www.caritas-os.de/ckd/tueroeffner
Im Sommer 2018 fand in Mannheim ein gemeinsamer Workshop der CKD-Diözesanverbände Limburg, Rottenburg-Stuttgart und Freiburg zum Thema "Türöffner" statt, um das Modell in die Fläche zu bringen. Erste zarte Pflänzchen beginnen zu wachsen. Im CKD-Diözesanverband Freiburg sind aktuell vier Konferenzen dabei nach neuen Wegen zu suchen. Gemeinsam ist ihnen, dass sich die bestehenden Besuchsdienstgruppen aus Altersgründen aufgelöst haben oder nur noch das tun, was in ihren Kräften liegt. Für alle ist aber klar: Wir wollen den Menschen in unserer Gemeinde nah sein, ihre Bedürfnisse wahrnehmen und ein Stück Weg gemeinsam gehen. Könnte sich da eine neue CKD-Marke entwickeln?
Bernadette Hake, Referentin CKD-Bundesverband
Aus CKD-Direkt, Ausgabe 04/2019