Ein überraschender Gesprächsverlauf
Pflegebedürftige allein lassen, um an unserem Austauschtreffen der osteuropäischen Pflegehelferinnen ist nicht immer einfach. Manche(r) fühlt sich dann verlassen oder es ist aufgrund der Erkrankung schlicht nicht möglich.
Am heutigen Mittwochvormittag am 22. Juni 2022 fragte ich beim pflegebedürftigen Hans Fuchs persönlich an, ob seine Pflegehelferin Olga aus der Ukraine an der Deutschbegleitung im MGH Markdorf teil-nehmen könne. "Ja natürlich", meinte er. Über diese spontane Zustimmung freute sich Olga sehr.
Um 14.00 Uhr kamen Susanne, die Deutschbegleiterin, und ich mit dem PKW vor sein Haus, um Olga abzuholen. Überraschender Weise entschied sich Hans Fuchs, mitzufahren. Er nahm im sog. Wohnzimmer im Mehrgenerationenhaus Platz und fühlte sich gleich wohl.
Eigentlich hatte ich nur ein Treffen mit Anna-Elisabeth, einer ehemaligen Mitarbeiterin CKD-Kleiderladen, geplant. Nun war alles anders gekommen! Zu Dritt - eben mit Hans Fuchs, unterhielten wir uns bei Kaffee und Kuchen, während im 2.OG die Deutschbegleitung stattfand. Olga traf dort weitere Pflegehelferinnen aus Polen. Die Begegnung und der Austausch taten ihr sichtlich gut.
Im Wohnzimmer erfuhren wir inzwischen von Hans viel über seinen Beruf- und sein Privatleben. Ein langes Leben hat viel Interessantes und Wechselvolles zu erzählen! Zum Schluss meinte er: "In den nächsten zwei bis drei Tagen ziehe ich ins Pflegeheim zu meiner demenzerkrankten Frau. Das bedeutet Ab-schied vom gewohnten Bermatingen und den Beginn meines letzten Lebensabschnittes am Bodensee. Ich möchte mich bei euch für das Zuhören, das Lachen, für den Kaffee und Kuchen bedanken und Euch ein selbstgemaltes Bild aus meinem Atelier schenken. Da staunten Anna-Elisabeth und ich nicht schlecht und schauten überrascht. Wir fragten, ob das sein Ernst wäre. "Ja, das liegt mir jetzt am Herzen!" Also nahmen wir spontan sein Angebot an.
Gemälde von Hans Fuchs, BermatingenGerda Dilger, Projektleiterin
In Regalen im Atelier in seinem Haus waren die Bilder gestapelt. Wir nahmen Bild für Bild in die Hand. Zusammen erkundeten wir das Gemalte. Er malte oft seine schöne Frau. Man spürte seine Liebe zu ihr. Wir erfreuten uns an den Farben, den Ausdrücken der Bilder und an den Kommentaren von Hans.
In die engere Wahl nahmen wir sechs Bilder und mussten uns schnell entscheiden.
Die einsame Frau am Strand, die Wüstensand-Idylle, die ägyptischen Kinder, die saftige Zitrone aus Ischia….
Anna-Elisabeth und mir fiel die Entscheidung schwer. Anna-Elisabeths Wahl fiel auf das aussagekräftige Bild mit drei dunkel gekleideten Frauen mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck über ein Ereignis - so unsere Annahme. Ich wählte die Burgundertrauben vom Buchberg Bermatingen.
Wir bedankten uns nochmals und wünschten Hans viele gute Stunden mit seiner Frau.
Ein überraschender Verlauf eben!
Gerda Dilger
Projektleiterin