Dr. Elisabeth Hönig
Bevor ich die Caritaskonferenzen näher kennenlernte, war ich immer wieder von dieser Bezeichnung irritiert! Konferenz klang für mich nach Sitzungen, Regularien, Tagesordnungen und Protokollen. Das passte für mich nicht zu den "real existierenden" Vertreterinnen, die ich persönlich kannte. Diese waren ehrenamtlich tätige Frauen (Männer lernte ich erst viel später kennen), die ganz praktische Hilfe in allen möglichen Notlagen leisteten. Sie besuchten alte und kranke Menschen zu Hause und in Einrichtungen, betrieben Kleiderkammern und machten andere Hilfsangebote, und das alles, ohne große Worte zu verlieren.
Als ich angefragt wurde, ob ich die Geistliche Begleitung des CKD-Diözesanverbands Freiburg übernehmen würde, überlegte ich nicht lange. Meine Motivation war, dass ich gerne diese Mitarbeiterinnen unterstützen wollte, denn ich kam selber aus einem caritativ engagierten Elternhaus und war von Kindheit an mit einbezogen, wenn es darum ging, in der Pfarrgemeinde für Menschen dazusein, die Hilfe benötigten. Dabei war ich sehr gespannt, wie diese Unterstützung durch eine Theologin wohl aussehen könnte und vor allem auch, was es nun mit der "Konferenz" auf sich hat.
Sehr schnell lernte ich, dass die verbandlichen Strukturen, zu denen auch "Konferenzen" gehörten, eine wertvolle Stütze für die "Praktikerinnen" waren. Es gab Fortbildungsangebote, die halfen, die übernommene Aufgabe qualifiziert auszuüben. Die Gruppentreffen dienten dem Austausch und der gegenseitigen Stärkung© provat, gerade in schwierigen Situationen, und die Vernetzung innerhalb des Verbands bis hin zur Bundesebene gaben den Anliegen der Einzelnen, sowohl der Betroffenen als auch der Mitarbeitenden, eine Stimme, die sich in Ge-sellschaft und Politik Gehör verschaffen konnte. So begriff ich, dass "Konferenz" vom ur-sprünglichen lateinischen Wortsinn her verstanden werden musste: "conferre" = zusammen-bringen, vergleichen; "se conferre" = sich begeben; "conferre ad" = mitwirken bei, beitragen zu.
Caritas-Konferenzen sind ein Ort, an dem Menschen, die Not gesehen haben und handeln wollen, (vgl. den Slogan des Caritasverbands) ihre Sicht und ihre Erfahrung zusammentragen, sich fachlich kundig machen und gemeinsam Lösungen suchen. Mit dieser Unterstützung im Rücken begeben sie sich dorthin, wo Menschen Aufmerksamkeit und Unterstützung brauchen, sie wirken mit und tragen bei, dass die Not gewendet wird, oder, wo das nicht möglich ist, zumindest Solidarität und Anteilnahme erfahrbar wird.
Damit hatte ich auch meine Aufgabe als Geistliche Begleiterin des Verbands gefunden: Es geht darum, gemeinsam mit den Mitgliedern immer wieder die Augen zu öffnen für das Wirken Gottes, der uns besonders in den Armen und Ausgegrenzten begegnet. In dem, was wir für andere, die wir als Schwestern und Brüder erkennen, tun, machen wir die Liebe Gottes sicht-bar, die immer schon da war, auch ohne dass wir das Wort "Gott" im Mund führen. Und diese Begegnung ist keine Einbahnstraße: Auch mir, der scheinbar Helfenden, begegnet in der/dem anderen Jesus Christus selbst, genauso real wie im Sakrament und in der Bibel. Für diese Erfahrung bin ich den CKD zutiefst dankbar.
Dr. Elisabeth Hönig
Geistl. Begleiterin von 2001